Der Fall Edathy geistert ja momentan durch alle Medien. Die Hintergründe über die Kinderpornographie werden dabei nur wenig beleuchtet. Die heutige Ausgabe der "ZEIT" bringt gerade über diese Hintergründe, wie immer gut recherchiert, weitergehende Informationen. Die Überschrift "Ein globales Geschäft" auf Seite vier zeigt auf, woher die Filme stammen, die der ehemalige Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy von der kanadischen Firma Azov Films herunterlud.
Der deutsche Markus R. war nach Meinung der kanadischen Ermittler einer der wichtigsten Zulieferer. Er sorgte für das entsprechende "Filmmaterial", indem er in Rumänien Jungs Karate-Kurse anbot und sie danach zu den Aufnahmen animierte oder notfalls mit Drohungen nötigte. Nachdem der Vater eines der Kinder misstrauisch wurde und den Fall ins Rollen brachte, wurde Markus R. von einem rumänischen Gericht zu drei Jahren verurteilt. Bei den Ermittlungen tauchten Unterlagen einer angeblichen Hilfsorganisation auf, deren Vorstand auch in die Sache verwickelt war. Die Spur führte nach Kanada zu der Firma Azov Films, was dann unter anderem auch den Fall Edathy ins Rollen brachte. Zitat:
"Bis Ende 2013 wurden in der internationalen Polizeioperation Spade (Spaten) weltweit mehr als 340 Personen festgenommen und fast 400 Kinder als Opfer identifiziert" (Zitatende).
Nach dem Lesen des Artikels ist mir erst einmal schlecht. Wie krank, im Sinne von abartig, müssen Menschen sein, die solche Filme drehen; die, welche sie zur Verfügung stellen; die, welche sie anschauen? Wie kaltschnäuzig und skrupellos muss der Filmemacher sein, der die Armut und Trostlosigkeit von Kindern ausnutzt, um sie durch kleine Geld- und andere Geschenke und wohl auch gezielt angewandte persönliche Anerkennung zu solch perversen Spielchen zu bringen? Wie gewissenlos muss ein Firmenchef sein, der solche Filme gegen gutes Geld auf einer Internetplattform zur Verfügung stellt? Und wie armselig müssen Menschen sein, die solche Dienste nutzen, um ihrer gesellschaftlich allgemein geächteten pädophilen Neigung nachgehen zu können - Menschen quer durch alle Gesellschaftsschichten, oft verheiratet und mit Kindern? Tut mir leid, aber so sehr ich mich in die meisten Menschen einfühlen und sie verstehen kann - das hier verstehe ich einfach nicht, dafür fehlt mir jegliches Mit-Gefühl oder gar Mit-Leid.
Mein Mitleid und Mitgefühl gilt nur den Kindern und deren Eltern in Rumänien, deren finanzielle Not und Perspektivlosigkeit z. B. von dem deutschen "Filmemacher" Markus R. ausgenutzt wurden, um sie dazu zu bringen, für seine Filme zu posieren, die er dann in klingende Münze umwandelte, indem er sie an die kanadische Internetplattform weitergab. Mein Mitleid und Mitgefühl gilt allen Kindern, die Missbrauch ausgesetzt sind - übrigens überwiegend aus dem persönlichen Umfeld des Kindes, wie die Statistik zeigt, auch wenn andere Fälle natürlich medienträchtiger sind. Ich weiß, es gibt viele Neigungen, die das Internet abdecken kann, und diese Neigungen sollen die Leute auch meinetwegen ausleben, wie es ihnen gefällt, wenn da erwachsene Menschen auf Augenhöhe miteinander am Werk sind. Aber Kinder sind tabu. Abartige Neigungen machen aber leider vor keinem Tabu Halt.
Und hier ist es gut, wenn die Justiz mit aller Härte vorgeht. Dass solche Taten und Machenschaften an die Öffentlichkeit getragen und angeprangert werden. Die Strafen, die für Missbrauch verhängt werden, sind aber einfach nur lächerlich. Das Kind leidet ein Leben lang unter diesem Missbrauch, seine Bilder und Filme sind für alle Zeiten im Netz oder in Privatbesitz. Der Täter ist - wenn er überhaupt angeklagt wird - schon nach kurzer Zeit wieder frei.
Der "Filmemacher", der in dem Artikel genannt wurde, ist bereits wieder auf freiem Fuß. Er verhöhnt die recherchierenden Journalisten, aber vor allem die Opfer, mit dem Hinweis neben seiner Klingel, Zitat:
"Für weitere Infos besuchen Sie bitte www.schon-mal-was-von-resozialisierung-gehört.de" (Zitatende). Resozialisierung bedeutet, dass ehemalige Täter wieder in eine soziale Gemeinschaft eingegliedert werden. Das bedeutet aber auch für mich, dass der Täter ein Unrechtsbewusstsein hat und seine Taten bereut. Das bedeutet weiter, dass er alles tut, um solche Taten in Zukunft zu vermeiden. Da habe ich aber meine Zweifel, wenn jemand bereits zwei Mal einschlägig tätig war, eine solche kriminelle Energie an den Tag gelegt hat, und dann auch noch so kaltschnäuzig jede Auseinandersetzung mit diesen Taten verweigert.
Ein Unrechtsbewusstsein fehlt solchen Filmemachern, solchen Missbrauchstätern, solchen Internetplattformen, aber vor allem auch den Nutzern solcher Filme. Sebastian Edathy, der besagte ehemalige Abgeordnete, sieht sich lieber als Opfer. Sein Leben sei zerstört worden, teilt er per SMS der "ZEIT" mit. So sieht er sich. Wie viele Leben von Kindern zerstört wurden, die für diese Filme "Modell standen" und nach Anweisung Handlungen an sich und anderen Kindern vornahmen, interessiert ihn nicht. Warum auch? Er hat sie ja nicht angefasst. "Nur" angesehen. Da ist doch nichts dabei.
Oder?