An Fronleichnam, also am Donnerstag, den 7. Juni, waren wir zu dritt in Nürnberg, um die aktuelle Dürer-Ausstellung anzusehen. Die Ausstellung, die im Germanischen Nationalmuseum stattfindet, und zwar seit dem 24. Mai, bis zum 2. September 2012, widmet sich dem Thema:
Der frühe Dürer (Link: Homepage des Museums). Sie wird angepriesen als die größte Dürer-Ausstellung seit 40 Jahren, "Albrecht Dürer. Die Wurzeln seiner Kunst".
Wir erfuhren sehr viel Neues über den Künstler
Albrecht Dürer (Link: Wikipedia). Dass er sich gut vermarkten konnte, wussten wir schon, aber dass er richtiggehend "Vertreter" einstellte, die seine Drucke in weitem Umkreis verkauften, war uns denn doch nicht bekannt. Er war ein guter Maler, das ist unbestritten. Aber er war auch sehr gut darin, sich und sein Werk bekannt zu machen und es zu verkaufen.
Er war der Erste, der konsequent alle (!) seine Zeichnungen und Gemälde mit der bekannten Signatur kennzeichnete. Und er war auch der Erste, der ein Gerichtsverfahren anstrengte, als ein anderer Maler ein Gemälde von ihm nachmalte, inklusive seiner Signatur. Das Urteil des Richters war, dass es verboten war, die Signatur von Dürer zu verwenden, man aber seine Gemälde nachmalen durfte. Vielleicht ein weiterer Grund, warum Dürer so konsequent seine Signatur einsetze - neben seinem wohl bestehenden Selbstbewusstsein als Maler.
Mit welcher Akribie er die winzigsten Einzelheiten malte, war beeindruckend. Er ging auf manchen Gemälden so ins Detail, dass man ganz genau hinsehen musste, um alle diese Einzelheiten zu erkennen, die wie Augenpulver so klein gemalt sind. Andererseits hat er z. B. bei seinen Entwürfen manche Sachen nur angedeutet, während er anderes detailverliebt ausarbeitete.
Durch seinen Vater, der Goldschmied war - er machte vor seiner Malerausbildung eine Lehre als Goldschmied bei ihm - und durch die Nachbarschaft von gut betuchten Handwerkern und Patriziern wurde er inspiriert, hatte aber auch eine gute Grundlage für seine Geschäfte.
Schon als Jugendlicher lieferte er eine beachtenswerte Zeichnung ab, die in der Ausstellung zu sehen ist (Auf der
Startseite des Museums ist es übrigens zu sehen - ein Selbstbildnis - unter der Rubrik "Ich"). Nach seiner Lehre beim Vater konnte er endlich die ersehnte Malerlehre antreten, bei einem alteingesessenem Betrieb, der dann einige Wanderjahre folgten, in denen er seine Technik weiter verbesserte. Wieder daheim, machte er konsequent seine Leidenschaft, das Malen, auch zu seinem Broterwerb. Von wegen brotlose Kunst, er verdiente sehr gut, war sehr geschäftstüchtig. Er war aber auch ein sehr guter Maler und Zeichner, was vor allem seinen Ruhm begründete. Ein gewaltiges und umfangreiches Werk hat er abgeliefert, was auch in dem Buch deutlich wird, die wir in dem Museums-Shop kauften:
"Albrecht Dürer - Sein Leben, seine Welt und seine Bilder" (Link: buchhandel.de) - übrigens zu einem sehr humanen Preis für ein Buch mit so vielen Abbildungen.
Seine Detailversessenheit und Akribie beim Malen von Proportionen, seine Studien gerade in diesem Bereich, hoben ihn von Malern seiner Zeit ab. Auch von diesen zeitgenössischen Malern gibt es Ausstellungsobjekte zu sehen, was einen direkten Vergleich möglich macht. Es gab damals sehr viele handwerklich gute Maler, aber es stimmten eben oft die Proportionen nicht. Dürer hat hier konsequent Studien betrieben und diese in seine Werke einfließen lassen. Und diese handwerklich guten Maler konnten sich wohl nicht so gut verkaufen wie Albrecht Dürer. So schließt sich der Kreis: Dürer war ein guter Maler, aber auch ein guter Kaufmann. Auch deshalb ist er heute so bekannt und deshalb sind etliche seiner Kollegen von damals schon vergessen.
Beachtlich fanden wir auch, wie sorgsam mit Papier und anderem Malmaterial umgegangen wurde. Teilweise wurde die Rückseite verwendet. Die Papierverschwendung, die heutzutage herrscht, konnten sich damals wohl nicht einmal gut situierte Maler leisten und man schätzte die Dinge wohl auch mehr.
Wir waren über fünf Stunden in der Ausstellung unterwegs. Dann streikten unsere Füße und auch wir. Das Dürer-Labor, das uns auch interessiert hätte, ließen wir daher aus. Dafür haben wir die restliche Ausstellung gründlich angesehen, die Hinweise dazu gelesen und die Erläuterungen per Kopfhörer angehört, die auch sehr interessante Hintergrundinformationen boten. Alles in allem eine sehr interessante Ausstellung, die ich nur empfehlen kann. Sie geht noch bis zum 2. September. Auf der Startseite des Museums kann man noch einiges Interessantes dazu nachlesen.
Skulptur im Museum - nicht von Dürer ;-)
In der Ausstellung durfte nicht fotografiert werden.
P. S. Mein Mann weist mich gerade darauf hin, was ich vergessen habe: Dürer war einer der ersten, welche die neue Erfindung, die Buchdruckkunst, konsequent für sich nutzten. Die Drucke konnten in vielfacher Ausfertigung verkauft werden. Dürer verdiente damit sehr viel Geld. Er machte Vorlagen für Kupferstiche, die spezielle Handwerker ausführten. Damit wurden Bücher illustriert. Teils wurden die Illustrationen als Einzeldrucke verkauft, vor allem seine Darstellungen der Apokalypse.
Auch seine Vorlagen für farbenfrohe Glasfenster wurden von speziellen Fachleuten umgesetzt, von denen manche Handwerker waren, die stark vereinfachten oder idealisierten, aber manche auch seine Entwürfe wunderbar umsetzen konnten. Ein großes Glasfenster einer Kirche steht auch in einer Kopie in der Ausstellung. Es zeigt, wie vielseitig der Künstler Albrecht Dürer war.